Ein kleiner Einblick in eine Coaching-Einheit: Neulich war ich mit einem Klienten im Gespräch, bei dem eine Sache immer wieder sehr auffällig bei dem Umgang mit einem Auftraggeber ist. Das haben wir uns genauer angeschaut, denn die größten blinden Flecke sind immer wir selbst. Und es ist meine Aufgabe, genau die Sachen anzusprechen, die der Klient gerne übersieht…

Also eine kleine Skizze: Er ist bodenständig, erfolgreich nicht nur in seiner Selbstständigkeit, sehr empathisch, mag Harmonie, ist äußerst zuverlässig und gerne in Gruppen gesehen, da er immer eine lustige und lebensfrohe Art und Weise an den Tag legt. Und ab hier nennen wir ihn: Gregor.

Faszinierend zu beobachten ist, sobald er Kontakt mit einem bestimmten Auftraggeber bekommt (diesen nennen wir ab jetzt: Jonas), wird Gregor äußerst unruhig. Er versucht so schnell wie möglich alle Bedürfnisse von Jonas zu stillen – und seine eigenen Bedürfnisse, auch Essen, Ruhephasen oder private Planungen werden dann hinten angestellt.

Darauf angesprochen bestätigte Gregor mir, dass sich alles bei Ihm zusammenzieht, wenn Jonas wieder ein paar kurzfristige Jobs reinreicht.

Und ja, auch Jonas ist kein leichter Kunde – extrem vielbeschäftigt, will hoch hinaus und fällt selbst eher in die Sparte „Workaholic“.

Gregor hingegen hat die Work-Life-Balance viel besser im Blick – außer Jonas klopft an. 😉

Nun zurück zum Titel: Thema war, dass ich ihm ehrlich gespiegelt habe, was ich da beobachtet habe. Ich habe ihn anschließend gefragt, was er als Ursache wahrnimmt.

Logischerweise wurde im „jetzt“ für die Ursache gesucht, doch da brauchen wir bei solch „unangemessenen“ Reaktionen nicht forschen. Die Quellen-Findung ist Teil des Coachings und würde hier den Rahmen sprengen (vielleicht ein anderes Mal mehr dazu.*)

Wichtig ist jedoch noch, dass er mir ausgiebig erklärte, warum sein Gefühl keinen Sinn ergibt. Er ist ja ein kluger Mensch, so dass er selbst erkannte, dass das aufkommende Gefühl wenig Sinn ergibt und der Situation nicht angemessen ist. Dennoch reagierte Gregor immer auf gleiche Weise – er machte noch mehr Überstunden, was ihn noch mehr unter Strom setzte und am Ende des Projektes oft mehrere Tage zwangsweise Auszeit bescherte – sprich: längere Ruhezeiten.

Die Ursachenforschung hat schon mal Druck herausgenommen, nun ist der nächste Schritt die Erkenntnis in eine Verhaltensveränderung zu übertragen. **

Was jedoch äußerst interessant war, war das Bild, das Gregor brachte, um die Coaching-Einheit für ihn zusammenzufassen:

„Also wenn ich ein Topf wär‘, in dem etwas kocht, deckle ich mich immer wieder, in dem ich mir einrede, dass die Gefühle unpassend sind. Und anstatt immer wieder den brodelnden Topf zu deckeln und dann erstaunt darüber zu sein, dass es so in mir hochkocht und es mir schlecht geht, ist die Lösung doch einfach den Topf von der Feuerstelle zu nehmen.“

Ein kurzer Moment der Sprachlosigkeit meinerseits folgte. Ich war erstaunt und beglückt zugleich, denn das Bild ist so simpel wie passend.

 Check! – er hat es verstanden, und dazu hat er es auf den Punkt gebracht. Jeder von uns hat Verhaltensmuster, die mit uns durchgehen (siehe auch mein Blockbeitrag: Ein persönlicher Mindfuck).

Und es funktioniert bei kleinen Themen, die Vernunft als Unterstützung zu nehmen.

Doch Gefühle abzulehnen, hilft leider Null. Es ändert nichts, im Gegenteil- es wird immer deutlicher und anstrengender.

Das Gefühl, welcher Natur auch immer, ist so oder so da. In diesem Fall, ist es die diffuse Angst vor „Ärger“, „zu Versagen“, schlicht: „nicht (gut) genug“ zu sein. So ziemlich jeder Mensch kennt dieses Gefühl.

Also, bevor Du dich und deine Emotionen deckelst, schau lieber nach der Feuerstelle und stell Sie ab.

Du kannst entscheiden, was dich anzünden darf. Und das braucht nicht Angst sein, die Angst zeigt dir in der meisten Zeit „nur“ was dir wichtig ist und wo Du wachsen kannst. Nicht mehr und nicht weniger.

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*Zu dem Weg enthalte ich mich nach wie vor – doch für alle die wissen wollen, was das Ergebnis der Ursachenforschung war: Die Beziehung zur Mutter sowie der Umgang mit Finanzen im elterlichen Haushalt als „Gregor“ ein Kind war. Finanzielle Ängste werden für Kinder oft mit existenziellen Ängsten gleichgesetzt und sind für Kinder schwer zu erfassen.

** Da ich einige Reaktionen bekommen hab, möchte ich noch einmal klar sagen, dass ich keine Therapien durchführe oder mir ähnliches anmaße.

Genauso: falls du gerade eine schwierige Phase in deinem Leben hast, lass dich nicht von diesem Text verunsichern. Alles zu seiner Zeit. 🙂

Dieser Klient ist sehr stabil in seinem Umfeld und wir arbeiten schon länger, daher darf es dann auch mal tiefer gehen. 😉